September 4, 2020

Frankfurt ist CO 2 Superspreader!

Corona, AWO – Skandal, Vermüllung… war da noch was?

Zugegeben war es wieder spät und es gab viel zu schreiben, dennoch ist es schade, das die vergessene Katastrophe, die Klimakrise, keinen  Weg in die Berichterstattung gefunden hat.

Hier meine Rede zur Klimaanpassungsstrategie in der Stadverordnetenversammlung vom 4.September 2020

 

Sehr geehrter Herr Ortsvorsteher, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Frankfurt frischt auf ist  – Medizin für die klimakranke Stadt.

Mit der M 114 werden die Richtlinien zur Förderung von Entsiegelungs-, Begrünungs- und Beschattungsmaßnahmen im privaten Raum, also Maßnahmen zur Linderung von Symptomen der Klimakrise angepasst. Insbesondere der adäquate Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser wurde ergänzt. Anlagen zur Regenwasserspeicherung z.B. können nun auch bezuschusst werden. Das halten wir für eine in jeder Hinsicht sinnvolle Ergänzung ebenso wie die Möglichkeit der Bezuschussung von privaten Trinkbrunnen auf öffentlichem Grund.

Das alles mag völlig unspektakulär erscheinen, aber es ist mehr als weiße Salbe, es ist wirksame Medizin für die klimakranke Stadt.Frankfurt frischt auf hilft den Menschen in der überhitzten Stadt, nachts zu schlafen und gesund zu bleiben.Denn auch die Klimakrise fordert Todesopfer. In Hessen ist die Übersterblichkeit durch Hitzetode in den Jahren 2005 und 2018 erheblich angestiegen, wie das epidemiologische Bulletin des Robert Koch Instituts vom 6.9.2019 aufzeigt. 2018 gab es 740 hitzebedingte Todesfälle. Im Jahrhundertsommer 2003 starben europaweit durch Hitze etwa 70.000 mehr Menschen.

Frankfurt frischt auf ist Teil der Klimaanpassungsstrategie, einer Strategie also, die die Symptome der Klimakrise lindern hilft.Anders als bei der Corona Pandemie, sind beim Klimawandel Ursachen und Therapie bekannt. Es gibt die Medizin für das erkrankte System, es gibt wirksame Prävention und es gibt Impfstoffe. Wir wissen längst, dass eine weitere Erderwärmung, eine weitere Verschärfung der Klimakrise, nur mit einer dramatischen Absenkung der CO 2 Belastung zu verhindern ist.

Wir haben heute ausführlich über die Krise durch die Covid 19 Pandemie gesprochen. Mit Krisenstäben, Kanzlerinworten, Milliardenförderungen, Umbau von Gesetzen und Verordnungen, Verhaltensauflagen, täglichen Berichten stemmt sich das Land gegen die Pandemie-Krise. Das ist gut! Diese Entschlossenheit und Bereitschaft alles daran zu setzen die Pandemie zu kontrollieren, auch langjährige Positionen  zu räumen, fehlt leider bisher der Bewältigung der globalen Klimakrise.

Denn gleichzeitig zur Pandemie steuert der Planet mit hohem Tempo auf die Klimakipppunkte zu.Die Polkappen schmelzen, wir verzeichnen Hitzerekorde von 54.4 Grad im Death Valley in Kalifornien, 30 Grad in Werchojansk in Nordostsibirien. Dort brennen auch seit Monaten die Wälder und vor unserer Haustür sterben die Wälder so wie wir sie kennen und lieben.

In Krisenzeiten, in der Pandemie, erleben wir das Aufkommen von Verschwörungstheorien – so auch beim Klimawandel. Auch aufgeklärt erscheinende Zeitgenoss*innen leugnen hartnäckig den menschengemachten Klimawandel, sehen ihre Freiheitsrechte z.B. durch ein Tempolimit ebenso beeinträchtigt wie aktuell manche durch das Tragen eines Mundnasenschutzes. Das ist irrational und aus grüner Sicht inakzeptabel. Beide Maßnahmen retten nachweislich Leben.

Zugleich gibt es eine erfreuliche Renaissance der Rationalität, der Wissenschaft. Politik und Bürger*innen hören Wissenschaftler*innen zu, das ist eine erfreuliche Seite dieser Pandemie.

Warum machen wir das nicht endlich auch bei der Klimakrise?

Es langt allerdings nicht Wissenschaftler*innen zum Neujahrsempfang einzuladen. Man muss das, was dort als Therapie empfohlen wird umsetzen, auch wenn die Medizin bitter ist.

Weltweit und so auch im Rhein Main Gebiet haben sich Wissenschaftler*innen unter dem Namen Scientists for future in Netzwerken interdisziplinär zusammengeschlossen. Im Angesicht der beispiellosen globalen Klima-, Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitskrise wollen sie ihre Stimme für eine sachlich rationale Auseinandersetzung zu erheben und ihre Expertise allen gesellschaftlichen Gruppen zur Verfügung zu stellen. Meine Fraktion hat das Angebot angenommen.

Die Diagnose für Frankfurt ist besorgniserregend und die Therapievorgaben  und die Botschaften verlangen insbesondere in die Stadtentwicklung einen Richtungswechsel. Dahingehend befragt, war die unmissverständliche Ansage: Das Maß der Dinge ist die Reduzierung des CO2 Ausstoßes und Priorität beim Klimaschutz. Klimaallianz und der Masterplan werden anerkannt, aber z.B.  die Regelung, wonach die Klimaauswirkungen in den Vorlagen aus allen Ressorts darzulegen und Lösungen zu benennen sind, wird als unzureichend bezeichnet. Vielmehr müssen für alle Sektoren detaillierte Reduktionspläne erstellt werden inklusive Zeitplänen, Finanzplänen, Überprüfung.

Gefordert wird zudem ein CO2 Lockdown für alle Neubauvorhaben.

Für die Stadtplanung und Entwicklung in der wachsenden Stadt müsse gelten: Alle Neubauten müssen klimaneutral sein, es dürften nur noch Nullenergiehäuser oder Pluseneergiehäuser gebaut werden, Heizung, Lüftung, Kühlung müssen fossilfrei sein. Nur dann seien die Klimaziele zu erreichen, so lautet der Befund. Auf die Frage der Kosten dieser Bauweise und deren sozialen Dimension ist die Aussage ebenso eindeutig. Mit Blick auf die unausweichliche Co2 Besteuerung kann es gerade im sozial geförderten Wohnungsbau keine Alternativen geben, wenn die 2. Miete nicht mittelfristig die erste übertreffen soll. Veränderungen im Bestand sind zu langsam, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und unseres Masterplans zu erreichen. Der eigentliche Hebel liege bei Neubauten aller Art.

Geht doch alles nicht? Es muss! Nicht nur der Planet, auch unsere Stadt ist mitten in der Klimakrise und Deutschland und Frankfurt tragen überproportional zur globalen Erwärmung bei.

Wir sind gefährliche CO2 Spreader.

Die Corona Pandemie habe gezeigt, so war zu lesen, dass die Menschheit sich offenbar nur dann ernsthaft für Katastrophen interessiert, wenn sie nicht mehr aufzuhalten sind. Bei Corvid 19 haben wir die Kurve vermutlich gerade noch gekriegt.

Schaffen wir das auch bei der Klimakrise?

Wir alle sind jedenfalls dafür gewählt.