Juli 5, 2022

Ein Grund mehr Sachsenhausen zu lieben

Sehr gerne bin ich der Anfrage von Aroon Nagersheth nachgekommen einen persönlichen Artikel für die Zeitung zur Aktion BRÜCKENVIERTEL-MIT ALLEN SINNEN ERLEBEN zu schreiben.

Das Brückenviertel: Ein Grund mehr Sachsenhausen zu lieben

Vor 15 Jahren eher ein Geheimtipp, ist das Brückenviertel im nördlichen Sachsenhausen heute überregional bekannt und beliebt, zum Glück auch bei Wirtschaftsförderer*innen.

Es ist „angesagt“.

Nicht selten ist das aber der Zeitpunkt, an dem sich in vergleichbaren Großstadtquartieren die Kreativen der ersten Stunde zurückziehen und eine unerwünschte Veränderung bewirken.

Das wird im Brückenviertel nicht passieren, davon bin ich überzeugt. Anderes als andere hipp gewordene Quartiere punktet der Mikrokosmos des Brückenviertels nicht nur mit Kreativität, sondern auch mit traditionellen Ankerpunkten und sehr engagierten Akteur*innen.

Kreativität und Bodenständigkeit: Sachsenhäuser Lebensgefühl

Wunderbarer Weise haben sich in den letzten Jahren viele kleine, inhaber*innengeführte Geschäfte, Galerien, Mode- und Designläden im Viertel niedergelassen. Läden mit Pop Up – Charakter findet man auch. Bei den allermeisten Läden und Galerien gewinnt man als Besucherin aber den Eindruck, dass sich hier Menschen zusammengefunden haben, um mit viel Liebe genau das zu machen, was sie schon immer machen wollten. Damit ergänzen sie die Traditionsgeschäfte, die das Brückenviertel weiter beherbergt und schaffen zusammen eine von typischer Sachsenhäuser Bodenständigkeit geprägte, liebenswerte Mischung. 

Fred Perry und Graffiti-Zubehör sind treulich vereint mit dem Bäcker Hanss, Frau Maurer und ihren Bembeln, der Krimibuchhandlung „Die Wendeltreppe“ und dem Apfelweinkontor.

Auch die Gastronomie spiegelt diesen Mix. So gibt es Anlaufpunkte für traditionelle Schoppenpetzer*innen, ebenso wie internationale Küche, einen Bio-Eissalon und zum Beispiel das einzige schwedische Lokal Frankfurts.

Wunderbar. Als geborene und überzeugte Sachsenhäuserin ist das Viertel für mich erste Adresse zum Ausgehen, aber auch für meine  Weihnachtseinkäufe. Ich finde immer etwas. Meistens auch für mich.

Ausstellungshalle Schulstraße 1a

In dem ohnehin besonderen Brückenviertel hat die Schulstraße mit der Ausstellungshalle Schulstraße 1a einen sehr speziellen, kulturellen Anziehungspunkt. Eine wundervolle urbane Nische. Der Hof und die Halle mit dem Ferdinand Kramer-Mobiliar bieten Platz für Gespräche, spannende Ausstellungen – und Fotoshootings.

Über mehrere Jahre hatte ich dort mit meiner feministischen Veranstaltungsreihe „Nationalität: Frankfurterin“ tagen dürfen. Freundlich begleitet und mit Wacker Kaffee bekocht wurden wir vom Hausherrn, Dr. Bock, dem „Kunstbock“.Einen besseren Platz für die Präsentation des Viertels hätte man nicht finden können

Erfolg durch Initiative und Engagement

Das Brückenviertel wäre nichts, ohne die Initiative und das konstante Engagement der Aktiven. Der legendäre „Brücken/Wall//“ und der „Markt im Hof“, beides Initiativen des Quartiers, haben viele Menschen angezogen, das Viertel bekannt gemacht, sind beste Beispiele für dieses Engagement.

Es tut gut zu hören, dass es jetzt weitergehen soll. Und es ist nur richtig, dass es öffentliche Förderung für diese gelungenen Initiativen gibt. In der Vergangenheit von der kommunalen Wirtschaftsförderung und aktuell mit dem Preisgeld des Hessischen Wirtschaftsministeriums. So verdient!

Fehlentwicklungen entgegentreten

Ich drücke die Daumen, dass das Brückenviertel mit seiner spannenden Mischung Bestand hat, dass die Aktiven auch mit wirtschaftlichem Erfolg belohnt werden und die Immobilienbesitzer*innen das unterstützen. Die Traditionsbetriebe, die emotionale Ankerpunkte sind für Wohnbevölkerung und Stammkunden, sollte man dabei unbedingt im Blick haben.

Die von mir auch sehr geschätzte „Schweizer“ zeigt leider, welche Folgen eine ausschließlich renditeorientierte private Immobilienpolitik hat. Nicht die Pandemie, sondern letztlich ruinöse Mietsteigerungen haben die Traditionsläden, die ich seit meiner Kindheit kenne, fast vollständig vertrieben. Statt dessen gibt es jetzt gefühlt 50 Bäcker.

Auch in Alt – Sachsenhausen stehen vor allem die Immobilienverhältnisse einer positiven Weiterentwicklung im Wege.

Davor muss das Brückenviertel bewahrt werden.

Klimaanpassung nicht vergessen

Damit das Viertel auch der Klimakrise trotzen kann, wäre sicher noch ein Begrünungskonzept hilfreich. Nachhaltige Baumstandorte werden in den engen Gründerzeitstraßen eher weniger zu finden sein. Aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten, wie sie wunderschön z.B. in Amsterdam realisiert sind. Und Fördertöpfe und Beratung dazu gibt es auch.

Das Brückenviertel und seine Akteur*innen haben eine in jeder Hinsicht positive Entwicklung mehr als verdient. Ich unterstütze gern dabei.

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