November 17, 2013

Die Grünen und der Brückenturm

Am vergangenen Donnerstag wurden in der Stadtverordnetenversammlung alle Anträge für und gegen das Projekt des Brückenbauvereins abgelehnt.

Damit bleibt es bei dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung aus 2004, wonach eine Bebauung nur auf ausdrückliches Verlangen der Stadtverordnetenversammlung erfolgen kann.

Ich habe die Rede für die Fraktion im Plenum gehalten. Nicht ganz einfach, weil es durchaus unterschiedliche Positionen zu der Frage gibt und weil ich neun Jahre mit Christoph Mäckler die Schulbank gedrückt habe.

Hier ist meine Rede, redigiert. Den Wortlaut stelle ich in Kürze ein.

Warum die Grünen das vorliegende Projekt des Brückenbauvereins ablehnen. 

Eine Zumutung für Planer? Ende der Stadtentwicklung? Verschenkte Chancen und verschenkte Mittel?

Nein, keineswegs. Aber auch Bauvorhaben und Projekte, die die Stadt  „nichts kosten“, müssen, so sie sich auf öffentlichem Grund befinden, um Akzeptanz bemüht sein und von ausreichendem öffentlichen Interesse. Dass die Stadtverordneten einen Bau auf der Insel ausdrücklich verlangen müssen, war zudem allen Beteiligten bekannt.

Und:

Es ist ein ganz besonderes Stückchen Frankfurt, über dessen mögliche Bebauung und Nutzung gesprochen wurde.

Und wegen der Lage an der für unsere Stadt so bedeutsamen Alten Brücke sehen die FrankfurterInnen nicht zu Unrecht diese Insel als „die ihre“ an.

Die Planungen des Brückenbauvereins für einen Brückenturm auf der Maininsel wurden daher mit großer Anteilnahme verfolgt.

2004 hatten die Stadtverordneten, darunter auch die Grünen, zwar beschlossen, dass bei den Planungen auch eine Bebauung auf der Ostseite der Insel vorgesehen werden kann, gleichzeitig wurde festgeschrieben, dass eine Bebauung nur auf ausdrückliches Verlangen der Stadtverordnetenversammlung erfolgen kann. Die Voten zu diesem Beschluss waren uns Grünen im Unterschied zu manch anderer Fraktion gegenwärtig. Deshalb hat die Grüne Fraktion- und alle miteinander- im Vorfeld mehrfach mit allen Beteiligten, mit Architekten, Brückenbauverein-Mitgliedern, Ruderverein und BI gesprochen. Außerdem wurden selbstverständlich die Stellungnahmen der Fachämter und Fachleute in die Erörterung miteinbezogen.

Es zeigte sich, zu dass vieles noch zu klären war und Pläne und Positionen sich veränderten. 

Prof. Christoph Mäckler hat mit dem Entwurf für die Sanierung der Alten Brücke die Jury und die FrankfurterInnen überzeugen können. Und wenn die Baustellen verschwunden sind, wird die Alte Brücke als Bauwerk europäischer Bedeutung in gelungener Weise wieder hergestellt sein.

Mit den Planungen für den Brückenturm ist diese Überzeugungsarbeit nicht in gleicher Weise gelungen.

Das hat verschiedene Ursachen.

Die Anforderungen des Rudervereins waren aber dabei aus unserer Sicht kein grundsätzlich unüberwindbares Hindernis.  Wir Grüne stehen dazu, dass der Sportbetrieb des Frankfurter Rudervereins von 1865 e.V. nicht beeinträchtigt werden darf.

Darüberhinaus halten wir es für nicht weniger wichtig, dass die Nutzung des Müllermains für alle Wassersportler gewährleistet wird. Aufgrund des Schifffahrtsbetriebs und der Strömungsverhältnisse ist die Passage des Mains für Sportboote gefahrlos nur über den Müllermain möglich.

Beides hätte sich aber u.E. beim konstruktivem Miteinander unter Einbeziehung des Gastronomiebetriebes lösen lassen. 

Ein anderer Aspekt in der Debatte waren die Auswirkungen eines Maininsel-Bauwerks für Umwelt und Natur.

Hier ist zunächst festzustellen, dass seitens der Unteren Naturschutzbehörde keine Einwände gegen das Bauwerk geltend gemacht wurden. Das Gebiet ist kein Landschaftsschutzgebiet, keine Grünfläche, gehört nicht zum Grüngürtel, sondern ist Vorrangfläche für den Hochwasserschutz. Die untere Wasserschutzbehörde hat aber ebenfalls keine Einwände geltend gemacht, da die wegfallenden Retentionsflächen ausgeglichen werden.

Fachliche Hindernisse bestehen in dieser Frage also nicht und sollten deshalb als Verhinderungsargumente nicht herangezogen werden. Das schadet dem Anliegen.

Aber – nicht überall, wo bauen rechtlich möglich ist, muss deswegen unbedingt gebaut werden! 

In unserer kleinen, immer weiter verdichteten Stadt kämpfen immer mehr Menschen teilweise verbissen um jedes Stückchen Grün. Die Green City ist eine Idee, die die Menschen aufgenommen haben. Aber das ist keineswegs nur ein Frankfurter Phänomen, sondern eines, das sich vielen Städten zeigt.

Für uns Grüne ist mehr GRÜN grundsätzlich immer erst einmal besser als weniger GRÜN.  Deshalb begrüßen dieses Bürgerengagement und nehmen ernst.

Genauso ernst nehmen wir jedoch auch das bürgerschaftliche Engagement im Brückenbauverein und auch die nicht unerheblichen Argumente, die für eine Bebauung aus Sicht der Stadtgestaltung vorgebracht wurden. Dass Frankfurts Alte Brücke, die ursprünglich Sachsenhäuser Brücke hieß, einen historisch ganz besonderen Rang genießt und mehr als nur ein Verkehrsbauwerk ist, auch das haben wir in unseren Abwägungsprozess miteinbezogen.

Auch wir wollen, dass die Alte Brücke von einem ungeliebten Verkehrsbauwerk nahezu aller VerkehrsteilnehmerInnen zu einem weiteren Anziehungspunkt unserer Stadt wird. Und der historischen Bedeutung muss angemessen Rechnung getragen werden.

Die Umgestaltung des Fahrtors und des Fischerplätzchens sind Bausteine, die denkmalgerechte Sanierung der Brücke ist ein weiterer und es bliebt zu hoffen, dass wir bald eine Möglichkeit zur  angemessenen Umgestaltung der Walter –Kolb- und der Brückenstraße finden.

Entscheidend in der Abwägung war jedoch die Frage, ob ein ausreichendes öffentliches Interesse an dem geplanten Bauwerk gegeben ist.

Aus unserer Sicht muss ein Bauwerk auf der Maininsel immer ausschließlich  öffentlicher Nutzung gewidmet sein. Ein Gebäude an dieser Stelle sollte für alle Frankfurterinnen und Frankfurter zugänglich und nutzbar sein. Das ist mit den Planungen des Brückenbauvereins nicht sichergestellt.

Wohnen, gleich, ob in Eigentum oder zur Miete, schließen wir ausdrücklich aus.

Auch der Denkmalbeirat weist in seiner Stellungnahme vom 23.9.2013 daraufhin, dass (Zitat) „eine Wohnnutzung im 18. Jahrhundert zwar angedacht war, aber die Alte Brücke zu keiner Zeit den Charakter einer bewohnten Living Bridge hatte“.

Aber auch ohne diesen historischen Verweis lehnen wir Wohnen an dieser Stelle und in der geplanten Form ab. Eine privilegierte private Nutzung in der Form hochpreisiger Wohnungen würde dem Bauwerk – aus Sicht  vieler Frankfurterinnen und Frankfurter-immer als „feudaler“ Makel anhaften und Akzeptanz verhindern.

Es bestehen aber auch  Zweifel, ob dort heute angesichts des Verkehrslärms und der Touristenströme ein Wohnstandort sinnvoll ist.

Wir Grüne lehnen das vorliegende Projekt des Brückenvereins sowie mögliche weitere Varianten ab.

Wir sehen kein ausreichendes öffentliches Interesse.

Unser Koalitionspartner ist bei diesem Abwägungsprozess zu einem anderen Ergebnis gekommen. Wir wissen es zu schätzen, dass die grundlegenden Vorbehalte, die es in unserer Fraktion gibt, trotzdem respektiert wurden.

Respekt wäre übrigens ein gutes Stichwort für den Umgang aller an dem Projekt Beteiligten.

Wir bekräftigen den Beschluss aus 2004, wonach für eine Bebauung der Maininsel ein ausdrückliches Verlangen der Stadtverordneten erfordert