August 2, 2022

Der Mainkai und Sachsenhausen. Beziehungsstatus: es ist kompliziert

Eine, meine, Sachsenhausen–Sicht. 

Die Sperrung des Mainkais ist für Sachsenhausen ein vergiftetes Thema. Leider.

Der Grundfehler ist, dass das Narrativ aus der Oesterling- Ära, wonach die Sperrung des Mainkais einen Meilenstein für die Mobilitätswende darstelle, weiter erzählt wurde.

Diese Erzählung ist aber falsch.

Die dauerhafte Umwidmung von Teilen des Mainkais und dessen qualitätvolle und klimaangepasste Gestaltung können ein großer Gewinn für die Stadtentwicklung im historischen Stadtkern sein und ein Zugewinn an öffentlichem Raum für alle an exponierter Stelle.

Das steht für mich außer Frage.

Gentrifizierungswirkung von Verkehrsverlagerungen im Blick behalten

Ein Einstieg in die Mobilitätswende und eine Werbung dafür ist es aber nicht. 

Die Verlagerung von Verkehr findet nie Akzeptanz. Ok. Aber die Bedenken aus Sachsenhausen sollte man nicht abtun, auch wenn sie teilweise von falscher Seite kommen. Betroffene, denen Gremien wie der Mobilitätsausschuss und Politik überhaupt fremd sind, artikulieren sich häufig nicht. Deren Interesse und Wohl muss die Stadtpolitik deshalb gerade im Blick haben.

Nur 18 % Verkehr mehr für Sachsenhausen heißt es in der Untersuchung von 2019 und 2020. NUR 18 % mehr Verkehr, 18% mehr Feinstäube für einen Stadtteil, durch den mehrere Pendlerachsen gehen, durch dessen Wohngebiete und Schulwege jetzt noch Schwerverkehr geleitet wird?

Noch mehr Emissionen für ein Stadtgebiet, in dem der Flughafen nicht nur zu partiellen Siedlungsbeschränkungen führt und Schulbauten verhindert, sondern auch, wie aktuell vom HLNUG aufgezeigt, eine deutlich höhere Ultrafeinstaubbelastung vorliegt?

Der Zusammenhang von sozialem Status und höherem Krankheitsrisiko von Menschen, die an Durchgangsstraßen wohnen, ist belegt. Da darf man nicht noch etwas darauf setzen.

Die Frage, in welchem Umfang zusätzliche Emissionen für wen entstehen, ist deutlich relevanter als die Frage, viele Sekunden oder Minuten Fahrwege länger dauern.

Es ist außerdem zu befürchten, dass die Erfahrungen auch bei den derzeit nicht betroffenen Bürger*innen die Akzeptanz im Zusammenhang mit Straßenumwidmungen sinken lässt. Die Ängste vor Verkehrsverlagerungen, also zusätzlichem Verkehr werden befördert.

MIV reduzieren-Ideen aus Stadt am Main aufgreifen

Bei der Entwicklung der Idee der „Stadt am Main“ war immer klar: ohne Reduzierung des MIVs gibt es keine wirkliche Mobilitätswende. Der Hebel dazu ist nur zu einem Teil die Steigerung des Radverkehrs durch die Frankfurter*innen. Auch die Pendler*innen müssen umsteigen, sonst schaffen wir die Mobilitätswende und gesündere Lebensverhältnisse nicht.

Außerhalb des Berufsverkehrs und von Events gibt es in vielen Straßen geradezu beschauliche Verkehrssituationen. Besonders deutlich wurde das im ersten echten Lockdown. Das Verbleiben der Pendler*innen im Homeoffice hatte überall Platz, Ruhe und bessere Luft geschaffen.

Die Zeit bis zum Umsetzung der dauerhaften Umwidmung des Mainkais sollte deswegen unbedingt auch für Versuche genutzt werden, Pendler*innen aus dem Auto zu holen.

9 € Ticket für OF-F und F-OF Pendler*innen, P&R an der Babenhäuser, durchgehende Bus – und Radspur auf der Darmstädter…., Fokusgruppen mit Pendler*innen, was auch immer.

Dann klappt es auch mit den Nachbar*innen…in Dribbdebach.

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