Mai 4, 2022

31.01.2013 Stilllegung Nordwest-Landebahn

err Vorsteher,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Die GRÜNEN in Frankfurt und in Hessen haben die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafen Frankfurt am Main nie negiert, aber nach dem Bau der Startbahn 18 West eine Wachstumsbegrenzung innerhalb des Zauns gefordert. Diese Position vertreten wir weiterhin und wir sind mehr denn je der Meinung, dass der Bau der Nordwestlandebahn ein Fehler war. Die Lärmbelastung durch deren Betrieb und die höheren Kapazitäten sind für die Menschen in der dicht besiedelten Rhein-Main-Region nicht zumutbar. Der Bau und die Inbetriebnahme sind ökologisch nicht zu vertreten, aber auch ökonomisch infrage zu stellen. Die Anzahl der An- und Abflüge bewegt sich seit Jahren konstant in einem Korridor von 450.000 bis 490.000 Flugbewegungen, bei sinkender Tendenz.

 

Die grüne Landtagsfraktion hat zur Überprüfung aller denkbaren Handlungsoptionen ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse in Kürze vorliegen werden. Aber ganz gleich, welche Ergebnisse sich zeigen, bedeutet das nicht, dass es nicht möglich ist, die betroffene Bevölkerung, und das sind im Frankfurter Süden über 35.000 Menschen, bei entsprechendem politischen Willen wirksam zu entlasten.

 

(Beifall)

 

Die bisher angekündigten Maßnahmen des Lärmaktionsplanes sind dazu aber völlig unzureichend.

 

(Beifall)

 

Die Stadt Frankfurt am Main, Magistrat und Stadtverordnetenversammlung, müssen gemeinsam mit realistischen und unabweisbaren Forderungen für die Bürgerinnen und Bürger tätig werden und mehr als ein Jahr nach Eröffnung der Nordwestlandebahn Verbesserungen herbeiführen. Unser Ziel ist eine berechenbare und verträgliche Perspektive für die Bevölkerung, die Umwelt und den Flughafen. Zwei Dinge sind dabei aber unabdingbar. Der Frankfurter Süden muss möglichst viel von seiner Lebensqualität zurückerhalten und die über 12.000 Kinder in den von Fluglärm betroffenen Quartieren müssen gesund aufwachsen können.

 

(Beifall)

 

Unser Ziel ist eine andere, nämlich eine eingeschränkte Nutzung der Nordwestlandebahn. Es ist ein Gebot der Ehrlichkeit, dabei festzuhalten, dass nur mit dem Verzicht auf den Bau des Terminals 3 verhindert werden kann, dass es noch lauter wird, so wie es ausdrücklich im Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom Dezember 2011 gefordert wird.

 

(Beifall)

 

Zwar ist der Bau des Terminals 3 ebenso wie der Betrieb der Nordwestlandebahn planfestgestellt, allerdings gibt es derzeit keine Notwendigkeit, diese Kapazitäten aufzubauen. Die hierfür erforderlichen Geldaufnahmen schmälern das Geschäftsergebnis und dadurch die Dividenden der Stadt und des Landes als größte Anteilseigner der Fraport AG. Die öffentlichen Mittel für den Bau und den Unterhalt des Autobahnzubringers und des S-Bahn-Anschlusses können eingespart oder zur Optimierung vorhandener Anschlüsse verwendet werden. Die Kosten für eingegangene vertragliche Verpflichtungen für die Planvorhaben sind dazu ins Verhältnis zu setzen.

 

Zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Schäden ist zur Herstellung einer besseren Lebensqualität außerdem eine Lärmobergrenze zwingend notwendig. Auch das ist Tenor des von uns gemeinsam gefassten Beschlusses. Die für die Lärmschutzzonen geltenden Werte sind derzeit schon an fast allen Messpunkten im Süden Frankfurts erreicht beziehungsweise überschritten. Diese Werte liegen deutlich über den von der WHO empfohlenen Werten. Eine Gleichstellung wenigstens zu den im Straßenverkehr geltenden Werten könnte aber schon mittelfristig durch aktive Lärmschutzmaßnahmen zu realisieren sein. Zum Beispiel durch eine stärkere Spreizung des Gebührensystems, Kollege zu Löwenstein hat es aufgeführt, aber mit deutlicher Berücksichtigung der Flugzeiten und deutlicher Erhöhung der Entgelte für lautere Flugzeuge, ohne gleichzeitige Entlastung von sogenannten leiseren Flugzeugen, die aber auch viel zu laut sind.

 

(Beifall)

 

Das ist auch unter Einbeziehung der Kosten für Lärmschutzmaßnahmen in die Berechnung möglich und hätte eine bessere Steuerungswirkung als bisher. Wir sehen es außerdem als erforderlich an, die Erstellung eines Ampelsystems mit der Zielsetzung der schnelleren zeitlich fixierten Umrüstung auf leisere Flugzeuge sowie Auflagen zur lärmmindernden Nachrüstung, mit Zielvorgaben bis hin zu Versagung von Landegenehmigungen zu bestimmten Uhrzeiten oder ab einem bestimmten Zeitpunkt, einzuführen. Hier sind durch internationales Recht gewisse Obergrenzen gesetzt, aber die Spielräume müssen voll ausgeschöpft werden.

 

(Beifall)

 

Natürlich wäre es noch besser, wenn solche Steuerungsinstrumente deutschlandweit eingesetzt würden. Aber es steht einer Green City wie Frankfurt gut zu Gesicht, wenn wir hierbei die Initiative ergreifen und die Vorreiterrolle einnehmen.

 

(Beifall)

 

Wir brauchen ein öffentliches und systematisches airlinebezogenes Flugrouten- und Fluglärmmonitoring sowie ein Benchmarking für lärmarmes Starten und Landen. Wie die Bürgerinnen und Bürger in den lärmbetroffenen Gebieten täglich hören und wissen, gibt es bei gleicher Überflughöhe und gleicher Wetterlage bis zu sieben Dezibel Unterschied. Ein solches Benchmarking wird allen Airlines Impulse geben, die Piloten in geräuscharmen Flugverfahren zu schulen.

 

Wir brauchen außerdem die Überprüfung und Neubewertung des Routennutzungskonzeptes und der An- und Abflugverfahren zur Organisation von Lärmpausen auch am Tage, ohne weitere Belastung von derzeit schon hochbelasteten Gebieten. Frankfurt ist durch das derzeitige Routennutzungskonzept seit Inbetriebnahme der Nordwestlandebahn überproportional belastet. Mit 96.000 registrierten Überflügen von Sachsenhausen, 89.000 von Oberrad, 63.000 von Niederrad, davon jeweils 90 Prozent im Korridor von 65 bis 99 Dezibel im Jahr 2012, ist die Grenze in jeder Hinsicht überschritten.

 

(Beifall)

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Nachtruhe von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr leider nicht bestätigt, ihr aber einen besonderen Stellenwert eingeräumt. Die Erarbeitung eines Konzeptes für die Randstunden ist dem Betreiber aufgegeben. Derzeit ist es so, das weiß jeder im Süden, dass gerade in diesen Zeitfenstern am meisten geflogen wird und es die lautesten Überflüge gibt. Hier würde der Verzicht auf Billigflieger eine Entlastung für die Tagesrandstunden bringen. Die Starts und Landungen sind ausschließlich für diese Unternehmen erforderlich, um die maximale Auslastung und damit diese unangemessenen Preise anbieten zu können. Hier könnte auch der Einwendungsvorbehalt aus dem Beschluss aus Leipzig greifen. Es soll auch bitte keiner kommen und sagen, die GRÜNEN wollen jetzt nur noch die Reichen fliegen lassen. Nachweislich schaffen diese Billigfliegerangebote derzeit nur zusätzliche Anreize für die Mittelschicht.

 

Dringend erforderlich sind aber auch die Überprüfungen und Veröffentlichungen der tatsächlichen Lärmbelastungen und deren Kompensation. Der Lärm muss endlich gemessen und nicht nur berechnet werden, und zwar nicht nur an den bisherigen Messpunkten, sondern auch in dicht bebauten Gebieten. Bei Hochhausbebauung auch dort, wo andere Lärmquellen zu finden sind.

 

(Beifall)

 

Die längst überfälligen, passiven Schallschutzmaßnahmen müssen sich daran und an den Lärmspitzen, nicht an den errechneten Mittelwerten orientieren. Diese Maßnahmen sowie das Casa-Programm von Fraport sind entsprechend auszuweiten.

 

(Beifall)

 

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Bei Ausschöpfung der planfestgestellten Kapazitäten wird keine dieser Maßnahmen verhindern, dass es im Frankfurter Süden noch wesentlich lauter wird. Und deshalb ist aus unserer Sicht auch eine deutliche Deckelung der Flugbewegungen unter der im Planfeststellungsbeschluss definierten Obergrenze unverzichtbar.

 

(Beifall)

 

Der Flughafen Frankfurt am Main, den wir alle genauso schätzen wie unser Vorredner eben, sollte zu einer soweit wie möglich umwelt- und regionalverträglichen Verkehrsdrehscheibe für verschiedene, jeweils adäquate Verkehre mit Kooperation innerhalb eines nationalen Flugverkehrskonzept entwickelt werden. Ziel ist die Weiterentwicklung durch qualitatives Wachstum innerhalb deutlich geringerer Kapazitäten.

 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Frankfurter Süden ist es jetzt schon viel zu lange viel zu laut. Der Frankfurter Süden muss so viel wie möglich Lebensqualität zurückerhalten und die Kinder dort müssen gesund aufwachsen können. Vielen Dank!

 

(Beifall)