Mai 4, 2022

29.09.2011 med. Akutversorgung -Erwiderung

Herr Stadtverordnetenvorsteher,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich bin eher auch froh darüber, dass wir es geschafft haben, an so einem anstrengenden Thema, das es für uns alle ist, so lange konzentriert über alle Parteien hinweg zu diskutieren, wenn natürlich auch einige Beiträge eher bedenklich sind. Seit über einem Jahr bin ich an diesem Thema dran und habe im Vorfeld sehr viel recherchiert und auch mit verschiedenen Akteuren in diesem System gesprochen und relativ viel darüber gelesen. Ich könnte jetzt viele Zahlen zitieren, die zu diesem Thema noch passen.

 

Zwei Punkte möchte ich richtigstellen, die sich auf den neu eingereichten Antrag der FDP beziehen. Vielleicht noch etwas zu den Fallzahlen: Herr Dr. Rahn hat sicherlich nicht beabsichtigt, aber doch ein Licht darauf geworfen, warum es unbedingt notwendig ist, dieses Verfahren über die Uniklinik Frankfurt hinaus auszuweiten. Ich habe mit Frau Dr. Stücker vor ungefähr zwei Wochen in einem Workshop zu dem Thema mehrere Stunden zusammengesessen, da hat sie nicht gesagt .Schwachsinn., aber selbst wenn es so wäre, dass sich an der Uniklinik zwei verantwortliche Ärzte zu so einem Statement hinreißen lassen, dann ist das vielleicht für Sie alle jetzt noch transparenter, warum wir mit dem Antrag gesagt haben, dass es nicht reicht, wenn an einer Stelle eine Institution ist. Es gibt an der Uniklinik nur eine einzige Ärztin, die tätig ist. Dass sie vielleicht nur zwei betroffene Frauen untersucht hat, wirft ein riesiges Schlaglicht darauf, wie sich die Frauen in dieser Klinik offensichtlich aufgehoben fühlen.

 

Wir haben im Vorfeld recherchiert. Es sind alle Krankenhäuser mit gynäkologischen Abteilungen in Frankfurt angefragt worden, und es gab vom Polizeipräsidium die Rückmeldung. 2010 gab es 88 Anzeigen, von denen sind nur 51 überhaupt für eine medizinische Akutversorgung gezählt worden. Davon waren gerade einmal die Hälfte in der Uniklinik. Andere haben ihren Weg woanders gesucht, wo es diese Einrichtung zwar nicht gibt, die Kliniken aber sagen, dass sie niemanden wegschicken, sondern professionell sein wollen. Es kann nur im Sinne aller sein, wenn es in Frankfurt bei der breiten Gesundheitsinfrastruktur ein Netzwerk gibt, wo auch Kolleginnen und Kollegen sich austauschen können, was an diesem Verfahren zu optimieren ist und wie man am besten vorgeht. Die Landesärztekammer macht die Weiterbildung, aber wir müssen es einrichten.

 

Ich bin dagegen, dass jetzt Schnellschüsse abgefeuert werden, indem man sagt, jetzt sind wir alle so stark an dem Thema dran, wir stellen einen Etatantrag. Natürlich bin ich dafür, dass wir, wenn es erforderlich ist, Mittel in den Haushalt einstellen. Aber man sollte keine Schnellschüsse abfeuern, zum Beispiel mit dem Antrag der FDP, den ich auch ein Stück weit als Schuldeingeständnis betrachte, dass man als FDP mit dem Teil, das vorher eingereicht wurde, überhaupt nicht mehr an den Markt gehen kann. Deswegen versucht man, dem Ganzen die Spitze zu nehmen. Darin geht es nur um die Kosten der medizinischen Untersuchung. Für die Ärzte: Es gibt einen ICD10-Schlüssel, T.74.2, das ist der Sachverhalt der Vergewaltigung. Dort ist genau aufgeführt, was über jede Chipkarte abzurechnen ist. Insofern macht es relativ wenig Sinn, einen Antrag zu verabschieden, der die medizinischen Kosten beinhaltet.

 

Es geht bei dem Verfahren – man muss es anscheinend sagen – um völlig andere Untersuchungen, die mit dem klassischen medizinischen Bereich nichts zu tun haben, und die auch nicht in jedem Fall anfallen. Sie fallen nur dann an, wenn eine Frau sagt, dass sie dieses Verfahren möchte. Wir haben schon viel darüber gesprochen, dass es auch im geschützteren Bereich einer Klinik bestimmt nicht leichtfällt. Jeder, der es sich antut und einmal diesen Bogen liest, diese 20 Seiten, der hört nach der dritten Seite auf und sagt, ich bin bedient, ich muss nicht mehr wissen. Wir sind momentan überhaupt nicht in der Situation, dass wir sofort Geld brauchen, um das auszuweiten. Was wir brauchen sind Ärztinnen und Ärzte in Kliniken, die bereit sind, sich auf dieses System einzulassen und die sagen, ja, wir wollen mitmachen.

 

(Beifall)

 

Wir können das nicht anordnen. Man kann kein Krankenhaus dazu zwingen, eine solche Ambulanz einzurichten. Wir brauchen echte Überzeugungstäterinnen und Überzeugungstäter. Die gibt es. Jedenfalls gibt es die Signale. Da müssen wir ansetzen und etwas aufbauen.

 

Der Frauennotruf, zwei Vertreterinnen des Frauennotrufs sitzen den gesamten Abend auf der Tribüne und hören sich unsere Diskussion an, was ich sehr gut finde. Mit denen habe ich selbstverständlich in der Vorbereitung gesprochen, wie es jetzt mit unmittelbaren Mitteln aussieht. Diese stehen im Augenblick gar nicht an. Es geht jetzt erst einmal darum, eine Infrastruktur aufzubauen und den Zugang zu erleichtern. Da wird noch eine Menge Grips von den Fachleuten erforderlich sein, wie wir das in unserem Gesundheitssystem hinbekommen. Selbst wenn es denn dazu kommt, dass über ein gigantisches Bewerbungsverfahren, über eine gute Öffentlichkeitsarbeit viel mehr Frauen den Weg finden, selbst wenn es zu einer Verdopplung der Fallzahlen kommt, würde das immer noch nicht irgendwelche finanziellen Desaster an irgendeiner Stelle auslösen. Das ist im Moment überhaupt nicht der Punkt.

 

Ich bin auch der Meinung, dass das jetzt wieder so eine Befriedung des Themas ist, dass man sagt, man schiebt noch einen Etatantrag hinterher und dann haben wir alles schön eingepackt. Ich habe mir im Vorfeld überlegt, ich wünsche mir eine professionelle Kampagne, bei der wir nicht sparen müssen, sondern richtige Profis darangehen lassen, wie muss ich wen ansprechen, damit sich das verbreitet, und ich habe schon Pro bono-Mittel bei Marketing- und Werbefirmen angefragt und auch zugesagt bekommen. Die Kostenfrage steht jetzt überhaupt nicht im Vordergrund. Es ist wichtig, dass wir hier – es war die Frage, was muss jetzt hier eigentlich herauskommen, wie muss es weitergehen -entschieden diesem schwarz-grünen Antrag zustimmen und den Antrag der FDP-Fraktion zurückweisen, da ich der Meinung bin, dass wir diesen Antrag nicht beschließen sollten, weil er uns in der Sache keinen Schritt weiterbringt.

 

(Beifall)

 

Ich nehme gerne den Vorschlag auf, dass wir uns partei- und fraktionsübergreifend zusammensetzen, wenn es an die Etatberatungen geht und überlegen, an welchem Punkt wir vielleicht Mittel für die Zukunft vorsehen sollten, falls das Angebot so angenommen wird. Aber das steht jetzt nicht im Vordergrund und ich bin auch sehr froh, dass die meisten Fraktionen und Kolleginnen und Kollegen weniger zu den Kosten als zu den Problemen gesprochen haben und möchte mich noch einmal sehr bedanken.

 

(Beifall)