Mai 5, 2022

28.01.2016 Masterplan Industrie

Frau Vorsteherin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Gibt es nach dem Vortrag des Dezernenten noch etwas zum Masterplan Industrie anzumerken, zu ergänzen? Ich denke schon.

 

Zu ergänzen und herauszuheben ist aus unserer Sicht, dass es wieder gelungen ist, auf Ressortdenken zu verzichten und den Masterplan im Zusammenhang mit dem Masterplan Energie und dem integrierten Stadtentwicklungskonzept aufzustellen.

 

Eine weitere Stärke des Masterplans ist die große und engagierte Beteiligung der Unternehmen. Die Zahlen wurden schon genannt. Partizipation nicht nur der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch der Unternehmen ist bei den Herausforderungen der wachsenden Stadt nicht nur das Gebot der Stunde, sie sorgt auch für zusätzliche Qualität und höhere Akzeptanz. Es wäre sehr schön, wenn auch die Fraktionen der Opposition das zur Kenntnis nehmen würden, dass diese Unternehmen diesen Plan mit aufgestellt haben.

 

(Beifall)

 

Der Masterplan macht deutlich, welche Bedeutung die Industrie für Frankfurt hat, und stellt die richtigen Fragen. Welchen Platz soll die Industrie in Frankfurt haben? Das heißt, welchen Stellenwert hat die Industrie in der Stadtgesellschaft und welche Zukunft im Kampf um die kleine Stadtfläche in Konkurrenz mit Wohnungsbau-, Verkehrs-, Grün- und Freizeitflächen?

 

Der Masterplan findet zu diesem Spannungsfeld nach einer ausführlichen Ist-Analyse und Prognose überzeugende und nachhaltige Antworten in der Außenentwicklung, Verdichtung, Stadtversiegelung. Das gilt auch für die Gewerbeflächenentwicklung: Aktivierung, Qualifizierung und Profilierung von Gewerbeflächen sind weitere Handlungsfelder, die die Zukunft der Industrie in Frankfurt sichern.

 

Der von den Unternehmen, von den beteiligten Unternehmen für die kommenden 15 Jahre prognostizierte Flächenbedarf wird durch das vorhandene Potenzial, das gar nicht genutzte und das minder genutzte, mehr als abgedeckt. Das muss man auch erst einmal zur Kenntnis nehmen. Aktivierung, Profilierung, Qualifizierung von Gewerbeflächen werden als Handlungsfelder benannt und Stichworte hierfür sind zum Beispiel ein digitales Gewerbegebiet und ein nachhaltiges Gewerbegebiet.

 

(Beifall)

 

Für Letzteres haben wir gerade eine Magistratsvorlage einschließlich einer Machbarkeitsstudie beschlossen. In Kürze wird in Fechenheim-Nord und Seckbach ein modellhafter Schritt zu Gewerbeflächen und Stadtentwicklung gemacht. Die vorhandenen Gebiete werden zum Beispiel auch in einem sozialen Sinne zu einem nachhaltigen Gewerbegebiet als inklusives Stadtquartier mit Standort- und Quartiersmanagement entwickelt. Arbeiten und Leben kommen mehr zusammen, was sich zum Beispiel an der Einrichtung einer gemeinsamen Betriebskita manifestieren wird.

 

Von den an der Machbarkeitsstudie Beteiligten wurde ein hervorragendes Konzept vorgelegt, so überzeugend, dass die Stadt aufgefordert wurde, sich um Fördermittel des Bundes zu bewerben. Entstanden ist die Idee des nachhaltigen Gewerbegebietes unter anderem im Ruhrgebiet als Entwicklungsmaßnahme für großflächige Industriebrachen. Das Konzept wurde hier aber hervorragend weiterentwickelt für diesen verdichteten Raum in einer flächenarmen Großstadt. Bei der Entwicklung dieses Konzeptes zeigte sich erneut, dass Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit viel aufgeschlossener und verständiger sind als zum Beispiel führende Frankfurter Sozialdemokraten oder die FDP. Man kann über den inflationären Gebrauch des Begriffs Nachhaltigkeit zu Recht klagen. Tatsächlich wird dieses Thema aber in seiner Notwendigkeit und auch positiven Dynamik für die Wirtschaft und Stadtentwicklung erschreckend unterschätzt. „Schirokko-Antrag“, so hatte zum Beispiel Herr Amann in der Stadtverordnetenversammlung die Initiative von CDU und GRÜNEN zum nachhaltigen Gewerbegebiet genannt.

 

Nachhaltigkeit scheint für Sozialdemokraten eben leider weiterhin nur heiße Luft zu sein.

 

(Beifall)

 

Gerade beim Umgang mit der Fläche, die in Frankfurt bekanntermaßen endlich ist, wird das Thema ausgeblendet. Nein, es wird reflexartig – wir haben es heute wieder bestätigt bekommen – wie auch beim Wohnungsbau behauptet, die Flächen würden nicht ausreichen. Es müsste unbedingt noch ein weiteres Gebiet ausgewiesen werden. Vermutlich auch auf dem Pfingstberg, denn wo das Gebiet hergenommen soll, da fehlt bisher jegliche Aussage. Fatales Unverständnis beim Thema Nachhaltigkeit zeigte zum Beispiel auch der OB, indem er beim DGB-Neujahrsempfang den Spruch raushaute, man könne das neue Gebiet auch nachhaltig nennen, um die grünen Krötenträger zu beruhigen. Sprüche, nichts als dumme Sprüche.

 

(Beifall)

 

Mit Sprücheklopfen und Schlappmäuligkeit, auch wenn beides in Frankfurt erfunden wurde, werden wir jedenfalls die Herausforderung von Wachstum und Klimawandel in unserer Stadt nicht lösen und auch keine zukunftsfähigen Arbeitsplätze erhalten können. Dumme Sprüche haben wir auch von der FDP und der SPD gehört, was die Haltung, die vermeintlich fremdelnde Haltung der GRÜNEN zur Industrie angeht.

 

Ja, wir reden allerdings über Emissionen. Wir reden über die Belastung für die Bevölkerung in unserer Stadt, und wir reden über die Kommunikation.

 

(Beifall)

 

Das ist kein Fremdeln, das ist unsere Pflicht. Wir sind auf einem engen Feld. Industrie, die im 21. Jahrhundert in einer engen Großstadt operiert, muss sich darauf einstellen, dass nicht mehr der Rotfabriker der dritten Generation alles hinnimmt, was in seinem Nachbargewerbegebiet passiert, sondern dass die moderne Bevölkerung der Stadt darauf achtet, auch Forderungen stellt und auch vernünftige Kommunikation haben möchte.

 

(Beifall)

 

Für die Entwicklung braucht es kluge Ideen. Davon finden sich eine Vielzahl im Masterplan und der Machbarkeitsstudie. Es ist wirklich ein Glück, dass die Verwaltung – anders als Teile der Politik – aufgrund fachlicher Expertise in der Lage ist, Ideen aufzunehmen und zu entwickeln.

 

Den Kritikern, zu denen leider auch die Funktionäre der IHK gehören, fehlen offenbar nicht nur Ideen, sondern auch das Vorstellungsvermögen, welches Potenzial nachhaltige Entwicklungen beinhalten und was die Folgen von altem Wachstumsdenken sind. Von der SPD wissen wir hier im Römer, dass sie gerne Flächen verteilt, die ihr nicht gehören, die schon verplant oder völlig unerschlossen sind, und auch Geld, das andere erst aufbringen müssen. Vor allen scheint man aber zu glauben, dass rund um Frankfurt Urwald ist und nicht andere Kommunen, die ebenfalls Flächen für Wohnungsbau und Gewerbe entwickeln. Nach 15 Jahren, so heißt es, sind die Flächen erschöpft – wird mit Verve behauptet. Das Unternehmen Bollin wird als Argument dafür herangeführt. Es ist eher ein Argument dafür, dass die Ausweisung der Fläche eben nicht reicht. Es ist immer und zuerst eine unternehmerische Entscheidung, ob ein Unternehmen hier bleibt. In einer globalisierten Wirtschaft ist bei allen Anstrengungen nicht absehbar, welche Standortentscheidung ein internationaler Konzern trifft, ob technische Innovationen Märkte durcheinanderbringen und zum Verschwinden von Unternehmen führen.

 

Es gibt in Frankfurt reichlich Anschauungsmaterial von Denkmälern der Industriekultur, von denen neben dem traditionsreichen Namen wie Adler, Naxos, T und N, Avaya nur die Gebäude erhalten sind. Aber selbst wenn sich für unsere Unternehmen, was ich deren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen natürlich wünsche, keine Änderungen ergeben und der Bedarf nach einer wirklich größeren Fläche entsteht, dann gilt es auch für den Wohnungsbau und die Verkehrsnetze, dass die Zukunft bei weiterem Wachstum und Prosperität nur unter dem Zeichen des Klimawandels und einer gesunden Stadt in regionaler Verfasstheit zu bewältigen sein wird. Natürlich wollen wir nicht ohne Not auf einen Euro Gewerbesteuer und einen Arbeitsplatz verzichten. Bevor aber ein expandierendes Unternehmen die Stadt verlässt, muss es an uns liegen zu schauen, ob man nicht mit der Region, mit den benachbarten Industriestädten Offenbach und Hanau ins Gespräch kommt und dieses Unternehmen in der Region hält. Wir haben aktuell einen neuen Magistratsbericht und eine Vorlage vorliegen, mit denen ein neuer Schritt in der stadträumliche Zusammenarbeit gemacht wird, zum Beispiel zwischen Frankfurt und Offenbach. Das ist der richtige Weg, wenn es wirklich darum ginge, neue Flächen zu entwickeln und nicht Phantasiegebilde auf dem Pfingstberg oder anderswo zu bauen oder zu fordern.

 

Vielen Dank!

 

(Beifall)