Mai 3, 2022

27.1.2011 Paradieshof-Fliegende Volksbühne

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Stadtverordnete Ursula auf der Heide, GRÜNE: 

Herr Stadtverordnetenvorsteher,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Als Sachsenhäuserin freue ich mich natürlich sehr, dass heute gleich drei städtebauliche Projekte südlich des Mains im Fokus der Stadtverordnetenversammlung stehen, kann doch jedes auf seine Art Auswirkung auf die ganze Stadt haben und ausstrahlen. Das gilt natürlich – das wurde jetzt hier schon öfter erwähnt – in besonderer Weise für das Vorhaben Paradieshof, bei dem es sich nur scheinbar um ein einzelnes, kleines Gebäude, ein Häuschen geradezu im Verhältnis zu anderen Projekten, handelt. Tatsächlich geht es um eine spannende und lebendige Bereicherung des kulturellen Angebotes für die gesamte Stadt, und es geht letztlich um die Frage, was kann und was soll aus Alt‑Sachsenhausen werden und was ist das der Stadtverordnetenversammlung wert?

Was kann und soll es denn werden? Ganz sicher keine mittelhessische Fachwerkidylle, bei der die Bürgersteige abends hochgeklappt werden, aber auch keine yuppisierte und durchgestylte Altstadt mit Edelgastronomie und Edelshops, die von der Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr bewohnt oder besucht werden können. Frankfurts südliches Altstadtviertel darf ein Ort bleiben, zu dem Menschen traditionell kommen, um in netter Gesellschaft auch ausgelassen zu sein. Wir würden doch Frau Rauscher nicht ein Denkmal setzen, wenn wir nicht auch ein gewisses Verständnis für Trinkkultur zeigen würden. Auch friedliche Fans aus dem Stadion sollen weiter willkommen sein. Eine Ausnahme muss allerdings aus meiner Sicht gemacht werden. Die rechte Szene darf in Alt‑Sachsenhausen keine Basis haben, hier gilt es wirklich wachsamer zu sein.

                              (Beifall)

Alt‑Sachsenhausen soll sich zu einem lebendigen Viertel mit Wohnen, öffentlicher Nutzung, vielfältiger Tages- und Abendgastronomie, Läden, Ateliers, Galerien, Livemusik-Lokalen und Theater weiterentwickeln. Der derzeitigen Dominanz der Fast-Food- und All-you-can-drink-Lokale, Shisha‑Bars und anderer Billiggastronomie gilt es andere Angebote entgegenzusetzen, damit sich alle Bevölkerungs- und Besuchergruppen in Alt‑Sachsenhausen wohlfühlen und Hauseigentümer für Investitionen zu gewinnen sind.

                              (Beifall)

Die Stadt hat viel unternommen und investiert. Die Herstellung des Pflasters, Frankensteiner Hof, die Ateliers in der Paradiesgasse, die Klosterpresse und der Kuhhirtenturm – hier wurde schon viel dazu gesagt – seien nur genannt. Alle diese Maßnahmen waren wichtig und haben auch schon für eine bessere Nutzung, vor allem Tagesnutzung, gesorgt. Leider hat das bisher immer noch nicht zu einer Trendwende bei der Mehrheit der Hausbesitzer und Gastronomen geführt, Angebote zur Anziehung anderer Besuchergruppen am Abend oder auch am Tage zu schaffen und damit für ein differenziertes Publikum zu sorgen.

So ist es aus unserer Sicht nichts anderes als ein außergewöhnlicher Glücksfall, dass wir einen Künstler wie Michael Quast in unserer Stadt haben, der die Stadt kulturell um das moderne Volkstheater bereichert hat. Es ist ein weiterer Glücksfall, dass mit dem Paradieshof ein optimaler Ort, ein Heimatflughafen für die Fliegende Volksbühne, zur Verfügung steht.

                              (Beifall)

Die sechs Säulen des Theaters Paradieshof, von denen Mundart wirklich nur eine darstellt, werden das Theater zu einem neuen kulturellen Zentrum machen, neue Besucherinnen und Besucher aus allen Teilen der Stadtbevölkerung und viele Gäste anziehen, eben genau das, was notwendig ist, um eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, die Nachfrage zu verändern und ein Umdenken bei den Hausbesitzern auszulösen. Im Vorfeld wurden in der Diskussion auch schon an anderer Stelle Bedenken laut. Ein Theater nur für Herrn Quast? Zwei Volkstheater, die städtische Subventionen benötigen? 

Zunächst einmal ist der Paradieshof nun wirklich kein Neuschwanstein, und es sind im Kulturbetrieb häufig Einzelne, die durch ihre Kreativität, ihre Energie, ihren Unternehmungsgeist, aber auch durch Hartnäckigkeit und Mut eine Spielstätte und eine kulturelle Einrichtung prägen. Das gilt für sehr viele Theater hier in unserer Stadt. Es handelt sich eben auch nicht um ein zweites Volkstheater oder ein Theater nur für Michael Quast, wie aufmerksame Leserinnen und Leser des Konzepts unschwer nachvollziehen können, wenn sie denn wollen.

Hier wurde vorhin gesagt, warum geht denn da kein Privater einmal auf Risiko? Einer geht bei dem Projekt absolut auf Risiko, und das ist Michael Quast. Vielen Dank!

                              (Beifall)

Ich bin überzeugt, dass diese Investition weit mehr Wirkung zeigen wird als die bisherigen Förderungen für Hausbesitzer, die dann weiterhin mit dem guten Geld der Stadt billige Gastronomie ansiedeln. Das muss ich einfach einmal so sagen. Deswegen sind aus meiner Sicht die Entscheidungen und das Vorgehen des Magistrats uneingeschränkt zu begrüßen. Es war richtig, dass die Immobilie über die KEG gesichert wurde, als es noch keine Pläne und Entscheidungen der Stadt über Erwerb und Nutzung gab. 

                              (Beifall)

Es war richtig, sich für eine kulturelle Nutzung zu entscheiden und jetzt das Gebäude zu erwerben und für diese Nutzung zu sichern. Es ist eine Freude, dass Michael Quast und sein Ensemble für dieses Projekt gewonnen werden konnten. Mitte März werden die Preisrichterinnen und Preisrichter im Wettbewerb hoffentlich gelungene Entwürfe für das Gebäude zu sehen bekommen, und deshalb sollte es heute heißen: Bühne frei für den Paradieshof.

                              (Beifall)