Mai 4, 2022

14.11.2013 Brückenturm

 

Stadtverordnete Ursula auf der Heide, GRÜNE:

 

Herr Stadtverordnetenvorsteher,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Es ist in der Tat ein ganz besonderes Stückchen Frankfurt, über dessen mögliche Bebauung und Nutzung wir heute sprechen und streiten. Wegen der Lage an der für unsere Stadt so bedeutsamen Alten Brücke sehen die Frankfurterinnen und Frankfurter diese Insel nicht ganz zu Unrecht als die ihre an. Die Planungen des Brückenbauvereins für einen Brückenturm auf der Maininsel wurden daher mit großer Anteilnahme verfolgt. Mit dem Beschluss vom 16.09.2004, § 7800, nach dem eine Bebauung nur auf ausdrückliches Verlangen der Stadtverordnetenversammlung erfolgen kann, war die Stadtverordnetenversammlung gut beraten. Dieser Beschluss war uns GRÜNEN im Unterschied zu manch anderer Fraktion gegenwärtig. Deshalb hat die GRÜNE-Fraktion im Vorfeld, und zwar vollständig, mehrfach mit allen Beteiligten – Architekten, Brückenbauvereinsmitgliedern, Ruderverein und BI – gesprochen. Außerdem wurden selbstverständlich die Stellungnahmen der Fachämter und Fachleute in die Erörterung mit einbezogen. Es war Sorgfalt geboten und keine Eile. Das hat sich im Nachhinein als gut erwiesen. Es hat sich gezeigt, dass vieles noch zu klären war und sich Pläne und Positionen verändert haben.

 

Professor Christoph Mäckler hat mit dem Entwurf für die Sanierung der Alten Brücke die Jury und die Frankfurterinnen und Frankfurter überzeugen können. Wenn die Baustellen verschwunden sind, wird dieses Bauwerk mit europäischer Bedeutung in gelungener Weise wiederhergestellt sein. Mit den Planungen für den Brückenturm ist diese Überzeugungsarbeit nicht in gleicher Weise gelungen. Das hat verschiedene Ursachen. Ich möchte erst einmal den Punkt aufgreifen, der aus unserer Sicht kein grundsätzlich unüberwindbares Hindernis dargestellt hat, und zwar die Anforderungen des Rudervereins. Wir GRÜNE bekräftigen, dass der Sportbetrieb des Frankfurter Rudervereins von 1865 e. V. nicht beeinträchtigt werden darf. Darüber hinaus halten wir es für nicht weniger wichtig, dass die Nutzung des Müllermains für alle Wassersportler gewährleistet wird. Aufgrund des Schifffahrtsbetriebs und der Strömungsverhältnisse ist die Passage für Sportboote nur gefahrlos über den Müllermain möglich. Aber beides hätte sich unseres Erachtens in einem konstruktiven Miteinander unter Einbeziehung des Gastronomiebetriebs, der dort auch ist, lösen lassen.

 

Ein anderer Aspekt in der Debatte ist in den Auswirkungen eines Bauwerks auf der Maininsel für Umwelt und Natur zu sehen. Hier ist zunächst festzustellen, dass seitens der Unteren Naturschutzbehörde keine Einwände gegen dieses Bauwerk geltend gemacht wurden. Das Gebiet ist kein Landschaftsschutzgebiet und keine Grünfläche, sondern Vorraumfläche für den Hochwasserschutz. Die Untere Wasserschutzbehörde hat aber ebenfalls keine Einwände geltend gemacht, da die wegfallenden Retentionsflächen ausgeglichen werden. Fachliche Hindernisse bestehen in dieser Frage also nicht und sollten deshalb als Verhinderungsargumente nicht herangezogen werden. Das schadet nur dem Anliegen. Aber nicht überall, wo bauen rechtlich möglich ist, muss deswegen unbedingt auch gebaut werden.

 

(Beifall)

 

In unserer kleinen, immer weiter verdichteten Stadt kämpfen immer mehr Menschen teilweise verbissen um jedes Stückchen Grün. Die Green City ist eine Idee, die die Menschen aufgenommen haben. Aber das ist keineswegs ein Frankfurter Phänomen, sondern eines, das sich in vielen Städten weltweit zeigt. Für uns GRÜNE ist mehr Grün grundsätzlich immer erst einmal besser als weniger Grün.

 

(Beifall)

 

Deshalb begrüßen wir dieses Bürgerengagement und nehmen es auch ernst. Genauso ernst nehmen wir aber auch das bürgerschaftliche Engagement des Brückenbauvereins und auch die nicht unerheblichen Argumente, die für eine Bebauung aus Sicht der Stadtgestaltung vorgebracht wurden. Dass Frankfurts Alte Brücke, die ursprünglich Sachsenhäuser Brücke hieß, einen historisch ganz besonderen Rang genießt und mehr als nur ein Verkehrsbauwerk ist, haben wir ebenfalls in unseren Abwägungsprozess mit einbezogen. Auch wir wollen, dass die Alte Brücke von einem ungeliebten Verkehrsbauwerk nahezu aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer – Entschuldigung Stefan – zu einem weiteren Anziehungspunkt unserer Stadt und somit der historischen Bedeutung angemessen Rechnung getragen wird. Die Umgestaltung des Fahrtors und des Fischerplätzchens sowie die denkmalgerechte Sanierung der Brücke und eine hoffentlich bald beginnende Umgestaltung der Walter-Kolb-Straße und der Brückenstraße werden die alte Wegebeziehung deutlich und attraktiver werden lassen.

 

(Beifall)

 

Entscheidend in der Abwägung war jedoch die Frage, ob ein ausreichendes öffentliches Interesse für das geplante Bauwerk gegeben ist. Aus unserer Sicht muss ein Bauwerk auf der Maininsel immer ausschließlich öffentlicher Nutzung gewidmet sein. Ein Gebäude an dieser Stelle, das ist der Punkt, sollte für alle Frankfurterinnen und Frankfurter zugänglich und nutzbar sein. Das ist mit dem Plan des Brückenbauvereins nicht sichergestellt gewesen. Wohnen, gleich ob in Eigentum oder zur Miete, schließen wir ausdrücklich aus. Auch der Denkmalbeirat weist in seiner Stellungnahme vom 23.09.2013 darauf hin, dass „eine Wohnnutzung im 18. Jahrhundert zwar angedacht war, aber die Alte Brücke zu keiner Zeit den Charakter einer bewohnten Living Bridge hatte“. Aber auch ohne diesen historischen Verweis lehnen wir Wohnen an dieser Stelle und in der geplanten Form ab. Eine privilegierte private Nutzung in Form hochpreisiger Wohnungen würde dem Bauwerk aus Sicht vieler Frankfurterinnen und Frankfurter immer als „feudaler Makel“ anhaften und Akzeptanz verhindern.

 

(Beifall)

 

Es bestehen aber auch Zweifel, ob dort heute angesichts des Verkehrslärms und der Touristenströme ein Wohnstandort sinnvoll ist. Wir GRÜNE lehnen das vorliegende Projekt des Brückenbauvereins sowie mögliche weitere Varianten ab. Wir sehen kein ausreichendes öffentliches Interesse. Ein kurzer Hinweis an die FDP: Liebe Elke Tafel-Stein, diesen Vorwurf der Provinzialität und der Verabschiedung aus der Stadtplanung finde ich gerade von der FDP absolut lächerlich.

 

(Beifall)

 

Wenn es um so ein kleines Brückenhäuschen auf der Insel geht, das eurem Geschmack entspricht, dann seid ihr groß. Wenn es aber um den Erhalt von denkmalgeschützten Gebäuden aus den Fünfziger- oder Sechzigerjahren geht, dann wollt ihr am liebsten mit der Abrissbirne kommen, weil es eurem Geschmack nicht passt. Auf diese Art von Stadtplanung können wir wirklich verzichten.

 

(Beifall)

 

Unser Koalitionspartner ist bei diesem Abwägungsprozess zu einem anderen Ergebnis gekommen. Wir wissen es zu schätzen, dass die grundlegenden Vorbehalte, die es in unserer Fraktion gibt, trotzdem respektiert wurden.

 

(Beifall)

 

Respekt wäre übrigens ein gutes Stichwort im Umgang aller am Projekt Beteiligten gewesen. Wir bekräftigen den Beschluss aus 2004, wonach für eine Bebauung der Maininsel ein ausdrückliches Verlangen der Stadtverordneten erforderlich wird, und lehnen alle zum Thema vorliegenden Anträge wegen des fehlendes Bezugs ab. Herr zu Löwenstein hat es schon gesagt, kein einziger Antrag befasst sich mit der Beschlusslage, die wir haben, sondern tut so, als würde ein Antrag auf Errichtung eines Bauwerks vorliegen. Einmal mehr haben Teile der Oppositionsfraktionen ihre parlamentarische Aufgabe wieder nur darin gesehen, einen Keil in die Regierungskoalition zu treiben – einmal mehr vergeblich.

 

(Beifall)

 

„Spaltpilze“ ist ein historisches Alleinstellungsmerkmal der Sozialdemokraten. Ihr schadet euch damit immer nur selbst, nie uns. Also sage ich auf gut frankfurterisch sowohl zum Brückenturm als auch zu so einem Verhalten: „Bleibe losse!“.

 

Vielen Dank!

 

(Beifall)