Mai 4, 2022

01.03.2012 Europäische Charta der Gleichstellung

Herr Stadtverordnetenvorsteher,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich möchte mit dem Positiven beginnen. Es ist schön gewesen, zu lesen und zu hören, dass die meisten Fraktionen, und auch die FDP, dem Frauenreferat eine, ich zitiere: .unzweifelhafte Existenzberechtigung. zusprechen und ebenso unsere Oberbürgermeisterin und Bürgermeisterin unzweifelhaft als .emanzipierte Damen. bezeichneten. So viel zum Positiven. Viel mehr habe ich allerdings dazu nicht finden können. Aufgrund des Abstimmungsverhaltens, das Ihnen allen vorliegt, wird deutlich, dass das Thema noch nicht einmal der Mühe wert befunden wurde, den Magistratsvortrag zu lesen, ganz zu schweigen von der Anlage, die diesem Magistratsvortrag beilag.

 

Mit der Unterzeichnung der Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern geht die Stadt Frankfurt Verpflichtungen ein, sowie alle anderen Städte, die bereits die Gleichstellungs-Charta unterschrieben haben, wie Köln, Stuttgart, Wien, Paris und viele mehr. Sie geht die Verpflichtung ein, einen regionalen Aktionsplan aufzustellen, in dem Prioritäten, Aktivitäten und Ressourcen festgeschrieben und überprüft werden sollen. Das heißt, wer der Ziffer 1. oder 2. zustimmt, muss auch allen anderen Ziffern zustimmen, weil es keine Unterschrift gibt, ohne dass man sich nicht gleichzeitig verpflichtet, diesen Aktionsplan vorzulegen und regelmäßig zu berichten. Insofern macht dieses Abstimmungsverhalten keinen Sinn. Dann ist es ehrlicher zu sagen, wir halten das alles für überflüssig und stimmen gegen den ganzen Magistratsvortrag, aber diese Aufteilung geht nicht. Es ist das Wesen der Charta, dass die Gemeinden und Regionen, die unterschreiben, einen solchen Plan aufstellen und tätig werden.

 

(Beifall)

 

Der Beitritt zur Charta macht allerdings sehr viel Sinn. Trotz der nachgewiesenen Erfolge durch die langfristige Arbeit, besonders des Frauenreferates unserer Stadt, ist die Gleichstellung von Frauen und Männern noch lange nicht erreicht und bedarf immer wieder neuer zusätzlicher Anstrengungen. Es handelt sich bei diesen Anstrengungen, die zu unternehmen sind, nicht um Luxusprobleme, sondern es handelt sich um Fragen, die alle sozialen Schichten betreffen. Der Magistrat hat in der Vorlage meines Erachtens auch die richtigen Schwerpunkte gesetzt, weil das eine Aufgabe der Städte ist, die diese Charta unterschreiben. Es geht einmal um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die in einer Zeitungsbeilage des Bundesfamilienministeriums veröffentlichten Zahlen haben ausgesagt, dass 90 Prozent aller berufstätigen Frauen und Männer zwischen 25 und 39 Jahren bei der Wahl des Arbeitsplatzes auf Familienfreundlichkeit genauso viel Wert legen, wie auf ihr Gehalt. Also sind wir genau an der richtigen Stelle tätig.

 

Ein zweiter Schwerpunkt ist der Gewaltschutz. Hierzu gibt es aktuell erschreckende Studien, nach denen die größte gesundheitliche Bedrohung für Frauen nach wie vor häusliche und sexuelle Gewalt ist. Insofern ist da unbedingt noch etwas zu tun.

 

Ein dritter Punkt, und der dürfte auch für die Erbsenzähler unter uns ein Argument sein, ist, dass im Rahmen des Aktionsplanes versucht werden soll, alle Akteure in der Stadt zu bestimmten Themen zusammenzubekommen, um die Aktivitäten zu steuern und zielgerichteter und wirksamer werden zu lassen, um zum Beispiel auch Strukturen, die nicht mehr zeitgemäß sind, zu verändern und neue Akteure dazu zu nehmen. Das sind also alles Dinge, die sehr wohl der Effizienz dienen.

 

(Beifall)

 

Mit diesen Fragen und Inhalten haben sich – ich sage es noch einmal – die Erbsenzähler nicht befasst, sondern sie haben sich im Rahmen der allgemeinen Haushaltsdebatte wieder einmal reflexartig auf den ohnehin rudimentären Haushalt des Frauenreferates gestürzt.

 

(Zurufe)

 

Es ist ja auch wesentlich einfacher, sich um ein so kleines Budget zu kümmern, als ein dickes Brett zu bohren, was erforderlich ist, wenn man strukturelle Defizite im Haushalt erkennen und bearbeiten will.

 

(Beifall)

 

Gehen wir einmal die sogenannten Haushalts- und Sparvorschläge konkret durch. Da wird also in der NR vorgeschlagen, die neu zu schaffende Stelle aus dem Stellenpool des Dezernates II zu nehmen. Frau Tafel-Stein, warum denn eigentlich aus dem Dezernat II? Das könnte doch auch das Dezernat V sein, schließlich handelt es sich bei dieser Sache um Infrastrukturmaßnahmen.

 

(Beifall)

 

Es sollte also haushaltsneutral aus diesem Dezernat genommen werden. Aus welcher Mottenkiste der Personalpolitik ist dieser Vorschlag gekommen? Das muss ich einfach einmal fragen. Ich bin selbst in dieser Branche tätig und bin für einen sehr schonenden Umgang mit menschlichen Ressourcen und Arbeitskräften. Ich weiß deswegen auch das öffentliche Dienstrecht zu schätzen. Es macht durchaus Sinn, zu überprüfen und nicht jedes Mal und in jedem Fall neu zu besetzen. Aber trotzdem sind dieser Wiederverwendung auch Grenzen gesetzt. Haben Sie sich eigentlich einmal das Aufgabenprofil dieser Stelle angeschaut, da Sie auf die Idee kommen, man könnte so eine Stelle aus einem Personalpool besetzen? Diese Idee ist vergleichbar mit der Situation, wenn eine Firma ihren Vertriebs- oder Projektleiter aus dem Personalpool besetzen würde. Das ist einfach aberwitzig.

 

(Beifall, Zurufe)

 

Was soll denn bei solch einer Besetzung herauskommen? Das ist nach dem Motto gedacht: Du kannst nicht kicken, also stell dich ins Tor. Ich dachte immer, die Frankfurter wollten auch im Hinblick auf die Personalpolitik in der ersten Liga und nicht bei Fenerbahce Dorf-Güll spielen. Aber das ist ein Vorschlag, der in diese Kiste passt.

 

Diese Sparvorschläge sind in vielerlei Hinsicht untauglich und in sich unlogisch. Wer den M-Vortrag gelesen hat, weiß, was auf dieser Stelle passieren soll, dass sie mit einem Menschen besetzt werden soll, der die Akteure in der Stadt mitnimmt, der in den Netzwerken und bei dieser Thematik akzeptiert ist. Und dann weiß man auch, dass eine Poolbesetzung aus dem bestehenden Haushalt völlig daneben liegt.

 

Frankfurt am Main wird am 8. März, am Internationalen Frauentag, mit der Oberbürgermeisterin und der Bürgermeisterin die Charta in einer schönen feierlichen Zeremonie unterschreiben. Dank der vorausschauenden wie fortschrittlichen Frauenpolitik der schwarz-grünen Koalition wird das Dezernat und diese Aufgabe so ausgestattet sein, dass wir uns in zwei Jahren auf den ersten tollen Bericht freuen können, was sich in dieser Frage weiterentwickelt hat.

 

(Zurufe)

 

Vielen Dank!